Gruppensettings werden in der Arbeit mit Menschen mit Essstörungen häufig eingesetzt, um von den positiven Wirkfaktoren der Gruppe zu profitieren, wie beispielsweise der Zuversicht der Betroffenen zu wecken oder gegenseitige emotionale und instrumentelle Unterstützung zu bieten. Im Gegensatz dazu, können aber auch eine Vielzahl dysfunktionaler Dynamiken entstehen. Diese sind jedoch im Bereich der Gruppenbehandlung und -betreuung von Essstörungen weitestgehend unerforscht.
Um dieser Thematik im wissenschaftlichen Diskurs mehr Aufmerksamkeit zu widmen, untersucht die vorliegende Masterthesis, welche Maßnahmen Praktiker*innen aus unterschiedlichen Settings im Kontext Essstörung nutzen können, um in der Gruppenarbeit „Teufelskreise“ sozialer Ansteckung abzumildern und „Engelskreise“ sozialer Unterstützungsprozesse zu fördern. Für die Erhebung wurden explorative Expert*inneninterviews als leitfadengestützte, halbstrukturierte Einzel- bzw. Kleingruppeninterviews (zwei bis fünf Personen) durchgeführt. Ziel dieser Untersuchung ist es, eine möglichst große Bandbreite an Informationen, Techniken und Methodiken zu der oben genannten Thematik zu erschließen. Im Fokus stehen dabei die konkreten Erfahrungen und das Wissen der Praktiker*innen.
Sinnvoll ist es dabei den Expert*innen zufolge, die Interventionen auf struktureller, individueller und Gruppenebene anzusetzen. Eine offene Kommunikation der Risiken, die Einhaltung von klaren Regeln in der Einrichtung, Förderung emotionaler Abgrenzung zu negativen Gedanken oder symptomatischen Verhaltensweisen, wie auch die Stärkung des Gruppenzusammenhaltes, stellen einige mögliche Maßnahmen dar, um die Gruppe zu einem Ort positiver Genesungserfahrungen zu entwickeln. Da die Forschungsthematik eine hohe praktische Relevanz besitzt, wurden die Inhalte der Interviews in zwei Workshops aufbereitet und im Sinne eines Wissenschafts-Praxis-Transfers der Fachwelt zugänglich gemacht.