Zunächst wird skizziert, was Klinische Sozialarbeit sein soll. Sie stützt sich auf ein bio-psychosoziales Verständnis menschlicher Funktionsweise und ein biopsychosoziales und salutogenetisches Verständnis von Gesundheit und Krankheit. Ihr Spezifikum ist die psychosoziale Behandlungsebene, also die Behandlung der Person-in-der-Situation (bzw. in einer spezifischen Umweltkonstellation) durch einen „zweispurigen Ansatz“ (Pauls 2011: 179), der personen‑, bzw. systemorientierte Beratungs- und Therapiearbeit, sowie soziale- und materielle Unterstützung durch eher anleitende Interventionen beinhaltet. Insofern ist davon auszugehen, dass „Fachsozialarbeiterinnen für Klinische Sozialarbeit“ (ZKS) sowohl beraterische, bzw. therapeutische Tätigkeiten mit den betroffenen Menschen, als auch soziale, materielle, administrative Unterstützungstätigkeiten vollziehen. Hier stellt sich die Frage nach konkreten Wissens-/Kompetenzbereichen, die für Fachsozialarbeiter für Klinische Sozialarbeit wichtig erscheinen.
Klinische Sozialarbeiter besitzen demnach eine hochwertige und breit angelegte Qualifikation in Bereichen des ›bio-psycho-soziales Erklärungs- und Veränderungswissens‹. Psychosoziale Diagnostik, Beratungs- und Therapiemethoden, Evaluation und Fallmanagement, sowie Netzwerkkompetenzen spielen eine wesentliche Rolle. Aufgrund der rasanten Erkenntnisentwicklungen im psychosozialen Bereich ist außerdem davon auszugehen, dass stetige Fortbildung zur Qualitätssicherung notwendig ist.
Insofern ist davon auszugehen, dass Klinische Fachsozialarbeiterinnen neben einem breiten sozialarbeiterisch ausgerichteten Studium zusätzliche therapeutische Qualifkationen (Diagnostik und ›treatment‹) erworben haben. Dies ist bei „Fachsozialarbeitern für Klinische Sozialarbeit (ZKS)“ per Definition der Fall. Spannend ist die Frage nach der Art der Weiterbildung, also die Frage, ›welche therapeutisch-beraterischen Paradigmen sich bei Fachsozialarbeitern für Klinische Sozialarbeit zeigen‹. Ferner wäre eine offene Frage hinsichtlich einer Begründung dieser Wahl für die Klinische Sozialarbeit interessant. Derartige Hinweise aus der Praxis dürften für den Bereich der Lehre von Interesse sein. Schließlich bleibt zu fragen, ob und wie sich Fachsozialarbeiter für Klinische Sozialarbeit auf dem aktuellsten Wissensstand halten. Hinsichtlich einer qualitativ hochwertigen und ethisch ›einwandfreien’31 Arbeit erscheint dieser Aspekt wesentlich. Weiter sind Klinische Sozialarbeiter mit einer Vielzahl unterschiedlicher Adressaten konfrontiert. Namentlich gehören v.a. beeinträchtigte Kinder- und Jugendliche und deren Familien, Menschen in familiären Problemen, psychisch kranke Menschen, abhängige Menschen, chronisch kranke und behinderte Menschen, dissoziale/straffällige Menschen und traumatisierte Menschen zu den primären ›Behandlungsgruppen‹. Die Altersstruktur dürfte sich über die gesamte Lebensspanne ziehen – auch dies ist ein zu erfragender Aspekt. Außerdem zeichnet sich Klinische Sozialarbeit v.a. auch durch die Arbeit mit ›Multiproblemadressaten‹ aus, dass heißt Menschen die neben gesundheitlichen Leiden in prekären Verhältnissen leben und von anderen Hilfen nicht oder kaum angesprochen werden.
Insofern ist zunächst davon auszugehen, dass die genannten Adressatengruppen auch für die Untersuchungsgruppe den Großteil der Klientel stellen. Gleichwohl wäre eine offene Antwortmöglichkeit interessant um weitere Adressatengruppen zu identifizieren – ggf. lassen sich auch hier größere Gruppen clustern. Entsprechend der Spezifika Klinischer Sozialarbeit hat die Praxis vor allem mit Menschen in Multiproblemlagen zu tun, die sowohl psychisch/biologisch als auch an sozialen Aspekten, z.B. Benachteiligung, Armut, leiden und von anderen Hilfen nicht oder nur unzureichend erreicht werden.
Als grundlegende Arbeitsformen Klinischer Sozialarbeit gelten Psychosoziale Diagnostik, Psychosoziale Beratung, Sozialtherapie (inkl. Soziotherapie § 37 SGB V), Soziale Unterstützung/Netzwerkarbeit/Case-Management, Krisenhilfe, psycho-soziale Präventionsarbeit, spezielle psychosoziale Rehabilitation (beruflich, medizinisch und sozial) und Psychoedukation. Da davon ausgegangen werden kann, dass Fachsozialarbeiter auch als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten tätig sind, scheint der Bereich Psychotherapie auch interessant für den Antwortkatalog.
Wichtig erscheint in diesem Bereich zusätzlich nach der Ausrichtung der Hilfen zu fragen, d.h. inwiefern die Hilfe ein tragender Teil der Gesamtbehandlung darstellt, ob direkte beraterische Gespräche stattfinden, ob eine (therapeutische) Beziehung grundlegend ist, und ob die Lebenslage mit bearbeitet wird, bzw. die Hilfe auch in der Lebenswelt der Adressaten stattfindet. An dieser Stelle wäre eine kritische Auseinandersetzung dahingehend möglich, inwiefern sich die Arbeit der Fachsozialarbeiter für Klinische Sozialarbeit von einer reinen Psychotherapie oder psychologischen Beratung unterscheidet.
Insofern ist davon auszugehen, dass die o.g. Arbeitsformen den Interventionsalltag der Fachsozialarbeiter für Klinische Sozialarbeit abbilden, wenn auch in unterschiedlichen Konstellationen. Die Hilfen vereinigen dabei personelle und umweltbezogene Interventionen. Darüber hinaus erscheinen Einschätzungen zur Arbeitssituation und ‑zufriedenheit interessant. Aufgrund der notwendigen formalen Voraussetzungen handelt es sich bei Fachsozialarbeitern für Klinische Sozialarbeit um erfahrene und hochqualifizierte psychosoziale Fachleute. Eine professionspolitisch interessante Frage ist, ob sich diese Qualifikation und Erfahrung in Lohnniveau oder Arbeitsposition und Zufriedenheit niederschlägt. Darüber hinaus sind Einschätzungen zur gefühlten Anerkennung und Spezifizität der klinisch-sozialarbeiterischen Praxis Seitens der Praktiker interessant. Diese subjektiven Einschätzungen geben ebenso Hinweise für weitere, genauere und tiefer gehende Nachforschungen und für Notwendigkeiten und Möglichkeiten in der professionspolitische Programmatik.
All diese, teilweise in der Fachliteratur beschriebenen Aspekte werden für die Konstruktion des Fragebogens und für die Diskussion der Ergebnisse bedeutsam. Durch die Explikation der ›theoretischen Konstruktion‹ Klinischer Sozialarbeit (Teil I) ist ein weiterführender Vergleich von Postulat und Faktizität, zumindest im hier durch die Art der Untersuchung beschränkten Umfang, möglich. Insofern behandelt die vorliegende Arbeit nicht die „typischen Bereiche“ klinisch-sozialarbeiterischer Forschung, wie sie von Pauls (2011: 25f.) vorgeschlagen werden. Vielmehr handelt es sich um eine Art ›Grundlagenforschung‹, wie sie Maier (2009: 40) im Sinne einer empirischen Beschreibung (einiger Aspekte) der Praxis Klinischer Sozialarbeit, postuliert. Gemeint ist hiermit eine empirische Erhebung der ›Wirklichkeit‹ sozialarbeiterischer Praxis, um diese Praxis einer kritischen Reflexion zu unterziehen (ebd.). Dieses Ziel verfolgt auch die vorliegende Arbeit.